27. August 2021 – Lorenz Hartl – 6 Minuten Lesezeit
Was tun bei explodierenden Stromkosten? – Ein Profi-Tipp von jemanden, der es wissen muss! Markus Aichholzer, Geschäftsführer unseres Kooperationspartners best connect im Interview!
Herr Aichholzer, vielen Dank dass Sie sich die Zeit nehmen, um in diesen spannenden Zeiten am Strommarkt etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Ich bitte Sie, sich kurz unseren Leser*innen vorzustellen und zu erklären was best connect macht. Interessant finde ich auch die Entstehungsgeschichte, wie kam es zur Gründung von best connect?
Die Idee entstand zur Zeit der Strommarktliberalisierung nach der Jahrtausendwende. Die Situation sah so aus, dass große Industrieunternehmen durch die Liberalisierung die Energiekosten deutlich reduzieren konnten, die KMUs aber keine Vorteile lukrieren konnten. Der Gedanke war, durch Bündelung vieler kleiner Unternehmen die Menge zu erhöhen und so Einkaufsvorteile für das einzelne Unternehmen – unabhängig von seiner Größe – zu schaffen. Da dafür auch ein hohes Maß an Wissen über den Strommarkt nötig ist, wurde best connect gegründet. Wir feiern dieses Jahr unser 20-jähriges Firmenjubiläum und sind die führende Energie-Einkaufsgemeinschaft in Österreich.
Könnten Sie bitte für Laien kurz erklären, wie der Strompreis, den die Unternehmen bezahlen, zustande kommt?
Der Strompreis besteht aus drei großen Teilen:
Der reine Energiepreis – also der Preis, den man wirklich für die eingespeiste und verbrauchte Energie zahlt. Dieser errechnet sich aus dem jeweiligen kWh-Preis, der je nach Anbieter und Bundesland variieren kann. Darüber hinaus wird von den Anbietern noch eine Grundpauschale von ca. 2 – 5 € pro Monat aufgeschlagen.
Die Netzkosten – also alle Kosten, welche für die Infrastruktur zu zahlen sind, damit der Strom überhaupt zu mir kommt. Mit den Netzentgelten werden Leistungen wie das Ablesen des Stromzählers oder die Arbeit der Techniker zur Instandhaltung des Stromnetzes gedeckt. Wie hoch die Netzentgelte sind, definiert der lokale Netzbetreiber in Absprache mit der E-Control. Die Netzentgelte machen ca. 26 % der gesamten Stromrechnung aus.
Und schließlich Steuern, Abgaben und Gebühren. Diese Kosten können sich ebenfalls je nach Standort unterscheiden, da die Gemeinden selbst die Steuern und Abgaben definieren können. Im Durchschnitt beträgt der Steuern- und Abgabenteil circa 6 Cent/kWh. Die Steuern und Abgaben machen circa 37 % der gesamten Stromrechnung aus.
Verhandelbar ist ausschließlich der Energiepreis, der ca. 37 % der gesamten Stromrechnung ausmacht.
Ich habe hier eine Grafik, die zeigt, wie sich der Strompreis in den letzten 20 Jahren entwickelt hat. Man sieht, das ist ein recht starkes Auf und Ab und der Strompreis ist jetzt auf einem Niveau, wo er 2008 schon mal war. Woher kommen diese Schwankungen und warum ist der Strompreis gerade jetzt so gestiegen?
Der Strompreis in Österreich orientiert sich an der Leipziger Energiebörse EEX. Es gibt viele Faktoren, die auf den Strompreis Einfluss nehmen können: Preise für Rohstoffe wie Öl, Gas, Kohle usw. Die allgemeine wirtschaftliche Situation: Bei höherer Wirtschaftsleistung, also wenn mehr Strom verbraucht wird, wird Strom teurer. Schließlich führen auch die rechtlichen Regelungen wie nötige CO2-Zertifikate, Förderkosten für Ökostrom usw. zu einer Erhöhung der Strompreise.
Sie helfen Unternehmen beim Stromeinkauf, was würden Sie diesen in dieser derzeitigen Hochpreisphase raten, wie sie den Stromeinkauf anlegen sollten. Langfristig Preise sichern oder auf variablen Einkauf setzen?
Es hängt davon ab, ob der*die Unternehmer*in eher risikofreudig ist. Dann würde ich zu einem variablen Modell raten. Wenn die Kostenplanung wichtiger ist, dann sollte eine konservativere Variante des Einkaufs gewählt werden. Sowohl bei der langfristigen Beschaffung als auch beim variablen Einkauf gibt es viele unterschiedliche Modelle.
Generell sollte man daher als Unternehmer in Zeiten wie diesen einen unabhängigen Experten zu Rate ziehen, der bei der Entscheidungsfindung unterstützt oder auch den professionellen Einkauf übernimmt.
Wo denken Sie, dass sich der Strompreis in den nächsten Jahren hin entwickelt? Geht es weiter rauf oder bleibt das erreichte Preisniveau stabil?
Denkt man an die großen Veränderungen, die wir gesellschaftlich in den nächsten Jahren vorhaben (CO2-Neutralität, Elektromobilität usw.), wird klar, dass wir nicht weniger Strom verbrauchen werden. Tendenziell wird ein Produkt, das stärker nachgefragt wird, teuer.
Die Kurve zeigt auch einen starken Anstieg seit einigen Jahren. Eine Ausnahme waren nur die beiden letzten Jahre 2019/2020 u.a. aufgrund der COVID-Situation.
Allgemein rechnet man mit einem weiterhin schwankenden Markt, allerdings auf einem hohen Niveau.
Wie viele wissen, gibt es mit einer Photovoltaik-Anlage die Möglichkeit den Strompreis langfristig zu stabilisieren, weil der Preis für die kWh mit dem ersten Tag für 30 Jahre fixiert ist. Sie planen mit best connect nun auch über Energiegemeinschaften allen Unternehmen den Zugang zu günstigem Solarstrom zu ermöglichen, auch wenn vielleicht kein eigenes Dach vorhanden ist. Gibt es dazu schon genauere Infos, wie das ablaufen wird?
Die Idee bei Erneuerbaren Energiegemeinschaften ist, dass jeder Betreiber einer Photovoltaik-Anlage seinen Strom direkt, also ohne Energieversorger, an andere Strombezieher zu einem individuell vereinbarten Preis verkaufen kann. Die Gründung und die Führung einer solchen Gemeinschaft scheint aber sehr aufwändig und kompliziert zu werden. Man denke nur an die Verrechnung der Energie unter den Teilnehmern.
Wir möchten diesen enormen Aufwand den Teilnehmern komplett abnehmen. Wir suchen passende Teilnehmer und übernehmen die Gründung und das Management der jeweiligen Energiegemeinschaft inklusive der Abrechnung. Somit kann jeder, der möchte, ohne zusätzlichen Aufwand von den Vorteilen einer Energiegemeinschaft profitieren und einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Für unsere Kunden wäre vor allem ein Feature wichtig, bei dem Unternehmen innerhalb der eigenen Standorte oder zwischen unterschiedlichen Zählpunkten am eigenen Standort den Strom intern verkaufen kann. Wird sowas in Zukunft mit Ihnen möglich sein?
Genau das wird mit Erneuerbaren Energiegemeinschaften möglich sein. Ob es bei unterschiedlichen weiter entfernten Standorten dann wirtschaftlich sinnvoller ist, den produzierten Strom an benachbarte andere Unternehmen zu verkaufen, muss dann individuell betrachtet werden. Möglich wird es aber in jedem Fall sein.
Was müssen Unternehmen machen, die gern Ihre Leistung in Anspruch nehmen möchten und was kostet dies?
Der Beitritt zu unserer Einkaufsgemeinschaft ist gratis. Nur wenn wir für das Mitglied eine Ersparnis beim Energiebezug erwirken, wird ein Erfolgshonorar verrechnet. Dieses beträgt dann 25 % der erzielten Ersparnis. Die Anmeldung zu best connect ist ganz einfach und kann online in nur 2 min. auf unserer Website erledigt werden.
Vielen Dank für das Interview und die ganzen Infos!